Riesengebirge 2011

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.
 

Für die Videos und Fotos nach unten scrollen

Riesengebirge 2011

Samstag, 11.06.2011

Unsere Motorradreise führte uns dieses Mal nach Tschechien ins unbekannte Riesengebirge. Wir, das waren 4 Menschen + 4 Mopeds: Berthold mit seiner 800er GS, Markus mit seiner Triumph Tiger 1050, Walter mit seiner FJR 1300 und ich, als einzige Frau, mit einer 650er GS.

Unser gemeinsamer Trip begann an einem strategisch günstig gelegenen Parkplatz kurz vor den Weyberhöfen an der B26, wo wir um 9:30 Uhr beinahe zeitgleich ankamen.

Doch bevor es richtig los ging, war erst noch eine kleine Schrauberrunde angesagt: mein KÖS Kettenöler wollte partout alles für sich behalten und der Kette nichts abgeben. (Das fängt ja schon gut an, grummel, grummel!) Mein routinierter Berti kontrollierte die Kontakte, setzte ein Kabel an eine andere Stelle, damit es richtig an Masse lag und blies den Ölschlauch durch (hmm, echt lecker). Nach 10 Minuten ging´s dann endlich los. Für das Grab des toten Reiters nahmen wir uns dann keine Zeit mehr.

Die Tour führte uns über Lohr, Karlstadt und Arnstein, dann weiter über die Autobahn bis hinter Schweinfurt und ab da wurde es sehr ländlich. Wir querten das Fichtelgebirge bis ins Vogtland. Hier hatten die Orte lustige Namen wie Poppengrün und Jägergrün, Kottengrün oder Grünbach, jedenfalls grün musste drin sein, im Vogtland, dem Tor zum Erzgebirge.

 

Kaffeetrinken, Kuchen essen, Zigarettenpause und ein Schwätzchen mit dem Wirt ließen Urlaubsgefühl aufkommen. Das Schwätzchen verwandelte sich dann in eine Hausbesichtigung und den Erkenntnissen, dass die wirtschaftlichen Überlegungen eines Kleinunternehmers nah am Puls der dortigen Einwohner liegen müssen. Denn wer käme sonst noch auf die Idee, heutzutage ein Tanzlokal auf dem Dorf einzurichten, ein Konzept von gestern mit der (teuren) Technik von heute.

Doch die Zeit schritt voran und wir versuchten mit ihr Schritt zu halten, denn unser erstes Quartier in Kovarska sollte bis 18:00 Uhr bezogen sein.

Ca. 28 km vor der Tschechischen Grenze zeigte Berthold´s Navigationsgerät mehrfach Ausfallerscheinungen. Immer wieder musste es resettet werden, auf Satellitenempfang warten und darauf hoffen, dass es den letzten Tourenfortschritt nicht vergessen hatte. Unmittelbar nach dem Grenzübertritt war klar, dass Bertholds Navi die Grätsche gemacht hat. Trotz aller Tricks und mehrfachen Reset-Versuchen blieb der Bildschirm schwarz, und das noch bevor wir unser Zielgebiet überhaupt erreicht hatten. Zum Glück hatte sich Markus vor unserem Trip die Touren geben lassen und hatte sie seinerseits auf seinem Navi eingepflegt. Das war anfangs mühsam, denn beide Navis verfügten über andere Software und es war viel Handarbeit nötig gewesen, damit sie letztlich überein stimmten. Jedenfalls waren wir jetzt heilfroh darüber - außer vielleicht Markus, denn die Rolle des Tourenguides kam jetzt doch ungeplant auf ihn zu. (An dieser Stelle sei gesagt, dass er diese Aufgabe souverän erfüllte.)

Es war bis zur Unterkunft nicht mehr weit, doch bis dahin hatte sich ein weiteres Handicap dazu gesellt: Markus Navi konnte sich während der Fahrt nicht mehr aufladen und lief nur noch auf Batteriebetrieb. Voraussichtliche Betriebsdauer: 1 Stunde.

Wir erreichten Kovarska, durchquerten es bis das Navi in einem Wohngebiet am Ortsrand vor einem Feldweg seinen berühmten Spruch aufsagte: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“ Doch von einem Hotel war nichts zu sehen. Keine Panik, Motorradfahrer sind ja nicht nur schlau, flexibel, und mit geringem Komfort zufrieden, nein, sie haben bei der vorangegangenen Ortsdurchfahrt auch so etwas wie eine Pension gesehen. Wie hieß unser Hotel nochmal? Penzion Avionika. Also drehten alle Mann (und ich) und hielten Ausschau. Tatsächlich waren wir schon daran vorbei gefahren. Es war ein neu renoviertes Haus mit Restaurant (Schwerpunkt Pizza) mit eigenen Parkplätzen, Sauna, Dampfbad und Whirlpool. Wir waren einigermaßen pünktlich, checkten ein und labten uns für wenig Geld an Pizza und leckerem Bier. Das „Master spezial“ schmeckte sogar mir. Mit 18 % Stammwürze und ca. 6% Allohol kostete es umgerechnet nur 1,05 € pro halbem Liter, mit Bedienung versteht sich. Das haben die Tschechen wirklich drauf, sie verstehen was vom Bier brauen.

Das zerfallene Haus direkt gegenüber unserer Pension wirkte irgendwie eigentümlich. (Wir sollten in Tschechien noch viele solcher verfallener Gebäude zu Gesicht bekommen, auch in direkter Nachbarschaft von restaurierten Häusern, deren alte und wunderschöne Architektur erst dann richtig zur Geltung kommt.)

Mein Berti wurmte indes die fehlerhafte Technik. Er versuchte bis Mitternacht (!), sein Navi wieder in Gang zu bringen, vergebens. Also setzte er sein Handy als Navi-Ersatz ein, denn die nächsten Tagestouren sollten nicht nach einer Stunde schon zum Blindflug werden. Leider fehlten uns das richtige Steckernetzteil mit dem Ergebnis, dass das Handy während der Fahrt mehr Strom verbrauchte als es nachladen konnte Wie lange es auf diese Weise funktionierte, erlebten wir dann in den nächsten Tagen. Jedenfalls sollte Markus sein Navi erst einschalten, wenn Bertis Handy leer war. Damit kämen wir am weitesten.

Wie haben das die Leute früher gemacht? Karte, stehen bleiben, nachschauen, nachfragen, wenden, Zeitaufwand, …! Klar haben wir auch darüber philosophiert, doch wer will schon auf den angenehmen Komfort der heutigen Technik verzichten? – Na, eben!

Rückblickend möchte ich sagen, dass wir Rübezahl bereits im Erzgebirge in Form eines Elektronikdämons begegneten, der Bertholds Navi vernichtete, Markus Navifunktion zeitlich reduzierte und Bertholds Not-Not-Navi langsam verhungern ließ, jeden Tag. Und die nächsten Tage sollten noch weitere technische Streiche bringen…

Jedenfalls habe ich Bertholds Reparaturmarathon in unserem Zimmer nur zur Hälfte mitbekommen. Nach 396 Tageskilometern und 2 Mastern war ich selig eingeschlafen. Gute Nacht.

Pfingstsonntag, 12.06.2011
Wir starten heute unsere Anreise Teil 2 um 9:35 h Richtung Chomutov. Das Wetter sah nicht rosig aus. Wir fuhren den Regenwolken hinterher, doch zu schnell. Bereits um 11:00 h stoppten wir auf der Route 15, um unsere Regenklamotten überzuziehen. Optimistisch wie ich war, verzichtete ich auf die Regenhose, da ich das Schwitzwasser von innen auch nicht mag. Letztendlich waren wir um 12:30 h alle nass, entweder von außen oder von innen oder beides. Zum großen Glück fand Berti in Lovosice einen Supermarkt mit kostenlosem Parkhaus, wo unsere Mopeds und wir endlich abtrocknen konnten. Meine durchnässte Hose wirkte auf mich wie ein Kühlanzug und so zog ich (nachdem wir im Trockenen waren!) endlich die Regenhose über, damit es mir wieder warm wurde (na ja, das mit der Frauenlogik lasst Ihr jetzt mal weg, okay?!).

Der Supermarkt bot noch andere Annehmlichkeiten: ein Bistro mit Sitzgelegenheit, Mittagssnack, heiße Getränke und Toiletten. Wir ließen uns Zeit, bis der Regen weiter gezogen war und wir um 14:20 h die Fahrt fortsetzten. (Die Regenhose behielt ich sicherheitshalber noch an.)

Markus Motorradkette schlackerte, obwohl er sie erst vor der Tour gespannt hatte. Aber sie musste warten, bis wir heute unser Quartier erreicht hatten. Vielleicht gab es dort das passende Werkzeug.

Wir setzten also die Tour Richtung Ceska Lipa, Bedrichov, Vrchlabi nach Špindlerův Mlýn (Spindlermühle) fort. Landschaftlich reisten wir durch ein Gebiet, dessen spitze Hügel wie überdimensionierte Köhlerhügel wirkten. Und davon gab es viele. Und ebenso Burgen bzw. Burgruinen. „Auf jedem Maulwurfshügel steht hier eine Burg.“ Lieber Walter, das hätte ich nicht anschaulicher ausdrücken können.

Die Ortschaften und Städte, die wir durchquerten, zeugten von aufstrebender Industrie und Diskounter von bekannten Marken wie OBI, Lidl, Kaufland, Netto, um nur ein paar zu nennen. Die Globalisierung ist hier sichtbar.

Doch in den Wohngebieten wechselten sich sowohl zerfallene oder stark sanierungsbedürftige Häuser wie auch neu sanierte Gebäude ab. Hier ist also auch die ungleiche Verteilung von Vermögen sichtbar.Wir beschlossen, unterwegs schon mal Wasser, Schokolade und Zigaretten zu kaufen und Geld am Automaten zu ziehen, doch der war out of order. Kann ja mal passieren.

Da die Einsatzdauer von Bertis Glofiish X800 als Navi-Ersatz zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss war, wechselten sich Berthold und Markus als Tourengides ab. Doch die beiden unterschiedlichen Betriebssysteme (Garmin Zumo 550 und iGo) wissen unterschiedliche Details und kommen beim selben Ziel durchaus zu verschiedenen Strecken. Das fördert nicht das Vertrauen in die Software.

Ein Ohrstöpsel von Markus Navi hat sich entzweit. Nun blieb Berti vorn. Im Geiste wurde für abends schon die kleine Bastelstunde eingeplant.

Wir waren schon längst im Riesengebirge, da empfing ich über Funk Geräusche, die sich als italienischer Vortrag entwickelte, der nicht enden wollte. Mir ging das Gedöns so auf den Geist, dass ich aus purer Verzweiflung meine Kollegen anfunkte. Doch obwohl ich an zweiter Stelle in der Gruppe fuhr, hörte außer mir niemand den Italiener. Ab jetzt glaubte ich an Rübezahl!

Nach 255 Tageskilometern erreichten wir unser Hotel „3 Häuser (U Tri Ruzi)“ in Spindlermühle.

Abends gelang die kleine Bastelstunde: Markus spannte seine Kette mit geliehenem Werkzeug, klebte seinen Ohrstöpsel und mein Technikfreund klebte mir mein Mikrofon wieder im Helm fest. Lediglich am Geldautomaten im Ort blieben wir erfolglos, der war schon leer geräumt. Rübezahl? Wer weiß. Rübezahl heißt übrigens auf Tschechisch „Krakonos“. Und dem traue ich alles zu.

Pfingstmontag, 13.06.2011
Eigentlich wollten wir über Vrchlabi in Richtung Harrachow, doch das Not-Navi lockte uns über kleine kurvige Schotterstrecken nach Pencin und über eine Holzbrücke. Diese offiziellen Straßen muteten wie Waldwege an, die vor langer Zeit einmal befestigt worden waren. Riesige Schlaglöcher, ausgewaschene Spurrillen, unübersichtliche enge Kurven, also für jeden Enduro-Fan ein Highlight. Wer mich kennt, weiß, dass ich das Gegenteil davon bin. Doch dieses Mal war ich nicht allein mit meiner Haltung: die FJR 1300 fand das auch nicht lustig, aber sie wurde von Walter gezwungen. Was blieb ihr also anderes übrig, ein braves Moped hört auf sein Herrchen. Und während sich meine GS über die Strecke freute, traf das auf mich nicht zu. (Doch das sollte im Laufe der Tour noch getoppt werden.)

Die Holzbrücke war übrigens sehr schön, denn auch sie hatte etwas Abenteuerliches:
Hält sie oder hält sie nicht? Also uns hat sie ausgehalten, auch später noch mal (irgendwie mochte das Not-Navi diese Strecke).

Wir fuhren weiter Richtung Frydlant. In Höhe von Mnisek bogen wir ab zur Talsperre Fojtka zum Fotoshooting.
Die Talsperre wurde 1904 – 1906 mit Granit-Bruchsteinen nach dem Intze-Prinzip gebaut. Sie trägt Türme, die an eine Burgfestung erinnern, was durch die Wahl des Bausteins noch betont wird. Also ein echter Hingucker!

Video Riesengebirge 2011 Teil 1: Tag 1: Die Motorradtour führte durch den Spessart, das Fichtelgebirge, das Vogtland, das Erzgebirge nach Kovarska (CZ). Tag 2: Es ging weiter in das Riesengebirge nach Spindlermühle (CZ). Tag 3: Rundtour über kleine Straßen und Pisten mit Zwischenstopp bei der Talsperre Fojtka und Fahrt zur Polnischen Grenze.

Zwischenzeitlich war uns die Zeit weit voraus, wie das Walter wieder so treffend formulierte. Also schnell weiter. Von Frydlant fuhren wir Richtung Osten und überquerten die Grenze nach Polen, bogen südöstlich nach Swieradow-Zdroj ab. Bei Podgorzyn bogen wir Richtung Süden ab, um nach Karpacz zu kommen, der Heimatstadt von Rübezahl. Man begegnet ihm hier tatsächlich überall in Form von Skulpturen und Touristenandenken. Karpacz ist überhaupt eine echte Touristenhochburg. Trotz später Stunde sahen wir uns noch die Stabkirche Wang an. Im Internet unter Stabkirche Wang findest Du dazu weitere Infos.
Die Kirche ist heut Treffpunkt für Gläubige und Touristen aus ganz Europa. Jährlich bewundern ca. 200.000 Besucher die Ausstattung und ungewöhnliche Architektur dieses Denkmals. 4 davon waren wir.

Anschließend verprassten wir Markus Euros für Kaffee und Toilettenhäuschen, denn Zlotys hatten wir nicht.

Über Kowary fuhren wir wieder über die Grenze nach Tschechien.

Auf Bertis Befehl mussten wir uns auf schnellen Rädern zur Schneekoppe bewegen. Die stand heute noch als letzter Programmpunkt auf der Etappe. Am Sessellift in Pec pod Snezkou gibt der Parkplatzwächter um 17:55 h folgende Auskunft: letzte Bergfahrt 18:00 h, letzte Talfahrt 17:00 h (?????)Wir entschieden uns, nicht zu fahren, denn wir hatten keine Schlafanzüge dabei. So fuhren wir Richtung Horni Marsov. Mittlerweile gab Bertis Not-Navi den Geist auf und Markus wurde wieder zum Tourenguide. Mit unserem Not-Not-Navi ohne Stromversorgung nahm dann das Unheil seinen Lauf. Prompt standen wir vor einen Baustelle, Umleitung ungewiss. Nach Rückfrage wagten wir das Baustellen-Durchquerungs-Abenteuer. Nach 2 km endete die 80 cm breite Notspur im Schotterfeld, das sich nach Auskunft eines Passanten noch mehrere KM so darstellen sollte. Was nun?

Eine FJR,
die ist zu schwer
und schiebt den Schotter vor sich her.
So blieb nur die Uhumkehr.
(Okay, wir haben auch schon besser gereimt.)

Nach einem kurzen Tankstopp setzten wir unsere Tour nach Spindlermühle fort.

Nach 290 Tageskilometern beschlossen den Tag bei einem Rübezahlabend, mit leckerem Essen, reichlich Bier, tschechischem Slibovic und vielen tschechischen Rübezahlfilmen auf DVD.

Dienstag, 14.06.2011
Wetterbedingt fuhren wir die Mittwochstour am Dienstag.

Berti´s Sch…Navi führte uns in die Versenkung, die wir schon von gestern kannten. Bei Stromkovice bogen wir nach Westen Westen auf die „290“ ab. Als wir das Ortsschild von Drzkov sahen, brach uns (und der FJR 1300) der Schweiß aus: „Nicht schon wieder!“ Doch leider folgten wieder das bekannte Pencin und das winzige Hut, bis wir endlich bei Dobra Voda die „65“ erleichtert erreichten. Die Zivilisation hat uns wieder. Selbst wenn die Asphaltstraßen vor lauter Ausbesserungen eher einer Hügellandschaft glichen, waren sie immer noch besser zu fahren, als die kleinen Nebenstraßen durch die Dörfchen, denn dort waren die Ausbesserungen einfach weggelassen worden. Die großen Durchgangsstraßen hingegen waren in einem guten Zustand, was sicherlich dem wirtschaftlichen und industriellen Aufstieg geschuldet ist.

Video Riesengebirge 2011 Teil 2: Tag 3: Die Tour führt uns, über teilweise sehr holperige Strecken, durch Polen in Richtung Karpacz der angeblichen Heimatstadt von Rübezahl. Von da aus geht es nach Brückenberg zur Stabkirche von Wang. Weiter geht es über kleine wunderschöne und kurvenreiche Straßen zurück nach Tschechien Richtung Schneekoppe. Tag 4: Zuerst geht es über Ponikla und unsere Lieblingsstrecke Richtung Pencin. Dann weiter nach Liberec, von dort zum Jested 1012 m.

Das nächste Ziel war der Berg Jested mit 1.012 m Höhe. Mit seinem 100 m hohen Fernsehturm bietet er ein weithin sichtbares und charakteristisches Ziel. Er ist der Hausberg von Liberec, weshalb wir uns dorthin begaben.
Bei Hluboka U Liberec verließen wir die Hauptstraße um auf der kleinen gewundenen Nebenstraße schon mit dem Anstieg zu beginnen. Das fand ich zwar reichlich früh, doch wenn der Anstieg früh beginnt, dann sind keine steilen und zu enge Serpentinen zu befürchten - dachte ich. Doch das Gegenteil stellte sich heraus. Der Straßenbelag verwandelte sich schnell in eine Cross-Strecke, die immer enger wurde, deren Spitzkehren sich immer dichter und steiler drängten. Da es sich um keine Einbahnstraße handelte und sich die Strecke immer mehr verengte, betete ich, dass kein Fahrzeug entgegen kommen möge. Eingezäunte Wiesen und ab und zu ein Haus bewiesen aber, dass diese Strecke auch als regulärer Verkehrsweg genutzt wurde. Die Strecke erforderte mein ganzes fahrerisches Können und vollste Konzentration. Gleichzeitig musste ich versuchen, meine Erinnerungen an Sardinien zur Seite zu schieben.
Kennt Ihr den Effekt, was passiert, wenn man an etwas nicht denken will? Richtig, man bekommt es nicht mehr aus der Birne.

Bei 820 m Höhe landeten wir dann auf dem Hof eines verlassenen Hauses. Wir stoppten, zum einen zwecks Orientierung und zum anderen weil hier überhaupt die erste Möglichkeit zum Halten war. Ich kam vor lauter Anspannung und Verkrampfung kaum vom Motorrad runter.
„Berthold, bitte sag mir, dass ich diese Strecke nicht wieder zurück fahren muss.“ – Die Antwort war Schweigen. Gegen die Tränen konnte ich nichts machen. Allen Trostversuchen zum Trotz („du bist doch souverän hoch gefahren“ …“du kannst doch gut fahren“ …“du kannst doch stolz auf dich sein“… „du bist doch nicht gestürzt“) konnte ich mich nur schwer beruhigen.

Aber wie sollte es weiter gehen? Lediglich ein Waldweg (!) führte noch weiter hinauf.

Hab ich Euch schon berichtet, dass Berti bisher immer mein Retter in der Not war, und dass er außerdem Geländefahrten liebt? Mein tapferer Held übernahm somit die Rolle des Trappers und fuhr mit seiner 800er GS den Waldweg hoch, um zu sehen, ob das eine bessere Alternative sein könnte als der Rückweg. Es dauerte eine Weile, bis er wieder bei uns war. Er beschrieb die ca. 2 km lange Strecke mit zwei schwierigen Punkten und dass sie danach auf eine Asphaltstraße führte. (Hier bekommt der Spruch „Gute Fahrt und immer eine handbreit Asphalt unterm Reifen“ seine ganz eigene Bedeutung.) Zu wissen, was auf mich zukommt und wie lange es dauert, machte die Herausforderung für mich leistbar. Und tatsächlich war dieser Waldweg besser als der Weg davor.

Kurz danach kamen wir an einer Restauration mit Jugendherberge, 3 Schafen und 4 Portionen Spaghetti an.

Die Weiterfahrt Richtung Norden war unpassierbar. Der Weg, den wir gekommen waren, wurde von meiner Schotterblockade gesperrt und die Weiterfahrt Richtung Süden nach Vyprez und zum Gipfel des Jested war mit einem „Durchfahrt verboten“-Schild gekennzeichnet. Wir folgten darauf hin einem abfahrenden Pkw und auch dieser wählte die „Durchfahrt verboten“-Strecke, um vom Berg wieder hinunter zu kommen. Doch vorher versperrte dem vorausfahrenden Pkw und uns ein rückwärts einscherender Langholz-Laster die Fahrbahn. Stopp! Der Pkw schaltete in den Rückwärtsgang, den unsere 4 Mopeds natürlich nicht haben. Ein Kfz-Knotenpunkt war gerade entstanden. Doch die ca. 70 mm Fahrstreifenbreite am Fahrbahnrand reichte uns versierten Mopedfahrern aus, um an dem Knotenpunkt vorbeizufahren (na gut, vielleicht waren es auch 70 cm. Aber es hat sich seeeehr eng angefühlt.) Uff geschafft!

Danach trafen wir wieder auf eine Hauptstraße, und lernten im Regen alle Ortsteile von Cesky Dub kennen. Angesichts der weit vorausgeeilten Zeit ließen wir den Gipfel des Jested ausfallen und fuhren weiter Richtung Süden nach Turnov Pelesany. Dort besichtigten wir die Burg Valdstejn. Sie ist die älteste Burg in Böhmen und wurde in den Jahren 1260 – 1280 gegründet. Seither wurde natürlich oft und viel wieder aufgebaut, umgebaut uns angebaut, so dass sie heute einen vielschichtigen Anblick bietet.

Doch bevor uns dieses Vergnügen gegönnt war, hatte uns Rübezahl den Weg erschwert. Vom Parkplatz bis zur Burg sollten es laut Parkplatzwächter nur 500 m sein. Aber unser Wandertourengide schaffte es, diese Strecke auf das 4fache auszudehnen. Begleitet von strömendem Regen, Blitz, Donner und beschwichtigenden Worten erreichten wir 4 völlig durchnässt unser Ziel. Hier zeigte uns die Kassiererin sofort den kurzen Weg, den wir hätten nehmen sollen (grummel, grummel).Nach einer ausführlichen Burgbesichtigung fuhren wir weiter Richtung Süden. Zwischen Vysker / Lazany und Sobotka fuhren wir durch das wunderschöne Felsentor Pekarova. Danach wollten wir zur Burg Trosky. Die Tour führte uns über wunderschöne Strecken entlang an Seen und bizarren Felswänden. Babyfrösche kreuzten unseren Weg und wie immer war uns die Zeit weit voraus. Deshalb fuhren wir nur bis 3 km vor die Burg zum Fotoshooting.Danach ging es zügig und bei flotter Gangart über die E 442 bis nach Studenec. Von dort folgten wir der 295 bis nach Vrchlabi. Ab hier ging es nach Spindlermühle, natürlich ohne zu vergessen, auf dem Weg dorthin unsere eingekerkerte Baustellenampel zu begrüßen. Was die wohl verbrochen hat?

Der Abend klang sehr feucht fröhlich aus. Hicks, das hatten wir uns nach strapaziösen 230 Tageskilometern verdient!

Mittwoch, 15.06.2011
Die erste Station war heute die Schneekoppe mit 1602 m Höhe. Die Höhenmeter durften nicht mit dem Kfz erklommen werden, sondern zu Fuß, mit einem Mountainbike oder mit der Seilbahn. Wir entschieden uns für letzteres und parkten die Mopeds ca. 350 m vorher.
Die Tickets bis ganz nach oben kosteten 330 Kronen pro Nase, ganz schön stattlich für hieisige Verhältnisse (ca. 14 €). Bis wir das Geld endlich ausgeben durften, warteten wir jedoch 15 Min. in der Warteschlange. Bis zum Gipfel kommt man nicht mit einer Bahn, sondern man muss für das letzte Stück nochmal umsteigen in die nächste Seilbahn. So dauerte die Fahrt letztendlich doch eine halbe Stunde, Zeit und Ausblicke über die Täler, Hügel und Tannen mit roten bis violetten Zapfen, eine Schneise von umgeknickten Baumstämmen, die offenkundig ein Sturm geschlagen hatte. Die Baumgrenze endete kurz vor dem Gipfel und offenbarte Geröll und Schottersteine. Oben angekommen wandte sich Rübezahl von uns ab, weil wir ihn aufnehmen wollten, ohne 50 Kronen oder 2 € zu bezahlen. Doch wir hatten Rübezahl während unserer Tour ständig am Hals, da brauchten wir nicht noch dafür zu bezahlen.

Ein Grenzstein erinnert daran, dass hier oben Polen beginnt und ein Container-Postamt daran, dass hier oben Zivilisation herrscht. Eine Kirche und ein Restaurant rundeten den Eindruck ab.Nach ausführlichem Rundumblick traten wir die Rückfahrt an. Doch weit kamen wir nicht. Beim Umsteigen war die Tür zur Talbahn abgeschlossen: ½ Std. Mittagspause war angesagt. Das war nun wirklich krass. In einem kahlen Wartehäuschen warteten wir nun mit ca. 10 Personen und einem Kaffeeautomaten auf die Weiterfahrt. Ein paar andere Wartende zogen es lieber vor, draußen die Natur und die Sonne zu genießen. Sonst gab es nix, wenn man von einem Wanderweg mal absieht …

Um 13:00 h ging es dann endlich weiter und um 13:40 h stärkten wir uns am Seilbahnimbiss im Tal.
Bis wir unsere geparkten Mopeds auslösen konnten, waren 3 Stunden vergangen und 90 Kronen pro Motorrad zu löhnen.

Die nächste Station war Stachelberg, eine Festungs- und Bunkeranlage, die von 1936 - 1938 gegen die deutsche Wehrmacht errichtet aber nie fertig gestellt werden konnte. Viele Bunkeranlagen, Schützengräben und die Hauptfestung, ein schwarzes, fensterloses Monstrum, waren noch gut erhalten. Für uns war eine Besichtigung der Hauptfestung an diesem Tag nicht möglich, denn eine große Gruppe von tschechischen Schulkindern war angemeldet und vor uns. Berthold durfte jedoch einen Blick hinter den Eingang der Hauptfestung werfen und filmt was er sieht. Die 3 Fragezeichen saßen derweil in Sichtnähe im Schatten und fragten sich, ob wir jetzt wohl als Anschauungsbeispiel für die bösen Deutschen herhalten durften. So schnell konnte man von der Geschichte eingeholt werden.

Dieser Tag war sonnig und heiß. Wir steuerten ein Garten-Cafe an, bestellten jede Menge Getränke und ich zog auf der Toilette alles aus, was noch schicklich war. Ein besonderes Highlight lag noch vor uns: Adersbach oder auf Tschechisch Adrspach. Hier stehen jede Menge Gruppierungen von Sandsteinfelsen, die wie Monolithe wirken und bizarr aber gerundet geformt sind. Hier sieht die Phantasie Figuren und Formen und man fragt sich, wie die Felsen hier her gekommen sind. Natürlich gibt es hierfür geologische Erklärungsversuche, doch ich finde es viel spannender, an das Mysterium zu glauben (ähnlich wie bei den Basaltsäulen von Giants Causeway, Irland).Es gibt auch einen wunderschön angelegten Park mit Felsen und See, doch allein die Parkgebühr sollte 70 Kronen je Motorrad kosten (hier gab es keine Preisunterschiede zwischen verschiedenen Kfz-Arten). Wir fuhren also weiter und suchten eine Alternativ-Möglichkeit.
Berti fand sie: ein Hotel mit Restauration und Biergarten. Hier konnten wir unsere Mopeds kostenlos abstellen und unsere Helme und Jacken in einem Nebenraum parken mit dem Versprechen, dass wir anschließend dort einkehren würden. So nahmen wir den Fußweg von ca. 300 – 400 m gerne in Kauf.

Der Eintritt in den Park kostete 60 Kronen pro Nase und wollte in 10 Minuten schließen. Tja, die Zeit war uns wieder mal voraus. So besichtigten wir den Park durch die Gitterstäbe der Eingangstür und die Felsformationen außerhalb.Abschließend muss ich sagen, dass ich mir den Park gerne und mit viel Zeit angeschaut hätte.
Dafür hatte Berti das Parkplatzproblem super gelöst. Wir bezahlten im Durchschnitt 30 Kronen und hatten noch ein Getränk nach Wahl obendrein. Wenn das mal kein Schnäppchen war.

Der Himmel zog sich zu und wolkenbruchartige Regenfälle fielen kurz vor unserem Quartier über uns her. Da wollte uns dieser Berggeist, Ihr wisst schon wer, nochmal ärgern, erst mit Hitze und dann mit einer ordentlichen Dusche. Dafür haben wir abends Rübezahlfeuer gegessen. Rache musste sein und geschmeckt hat´s auch.

Markus musste seine Kette nochmals spannen. Die war doch ziemlich fertig. Aber bis nach Hause musste sie noch halten.

Aus Mangel an Zeit wurde die heutige Tour von ursprünglich geplanten 230 km auf 190 km gekürzt. Wir hätten einfach mehr Zeit mitbringen sollen. Aber wer kann auch ahnen, dass die typischen Motorradstrecken in solch einem schlechten Zustand sind, dass man nur langsam voran kommt. Aus dieser Erfahrung kann ich nur jedem raten, weniger KM pro Tag einzuplanen, als sonst. Außerdem begegnet einem so viel Sehenswertes, dass Stopps zum Gucken und Fotografieren oder Filmen zeitlich immer auch drin sein müssen.

Video Riesengebirge 2011 Teil 3: Tag 4: Auffahrt zum Jested auf Nebenstrecken. Pistenfahren im Wald. Danach Regenwanderung zur Burg Valdstein. Weiter geht es zum Felsentor bei Vysker. Danach zum Frösche fangen und zur Burg Trosky. Tagesabschluß an der Elbe in Spindlermühle. Tag 5: Die Fahrt führt uns an der Elbe entlang nach Vrchlabi. Von dort über Horni Masov zur Schneekoppe. Fahrt mit dem Sessellift zum 1602 m hohen Gipfel. Dann geht es weiter Richtung Babi.

Donnerstag, 16.06.2011
Wir starteten in Spindlermühle mit Koffern erst um 9:48 Uhr, denn mir war mal wieder mein Blutzucker runtergerutscht. Also erst 4 Traubenzucker einwerfen und auf die Wirkung warten. Meine Mitreisenden nahmen es zum Glück verständnisvoll und gelassen.

Wir fuhren Richtung Liberec über die E 442 nach Decin. Unser Mittagessen nahmen wir dann in der Fußgängerzone und konnten tatsächlich wählen u.a. zwischen Spaghetti mit Kakao, panierten Fischfingern, Mährischem Spatz und Hermelin. Das war der lustigste Übersetzungsversuch der uns auf unserer Tour begegnet ist.

Aber auch das muss man sagen, viele Tschechen sprechen deutsch und geben sich für das Übersetzen Mühe. Wir hatten uns von Anfang an darauf auch verlassen, denn tschechisch spricht niemand von uns und ein Wörterbuch hatten wir auch nicht mit. Aber wenn wir versucht haben, ein tschechisches Wort zu lernen und auszusprechen, dann konnte man spüren, dass diese Versuche gut ankamen.

Dann stand die Schlossbesichtigung auf dem Programm. Diese war aber nur mit Führung möglich und dafür reichte unser Zeitbudget mal wieder nicht. Also blieb uns ein kostenloses Fotoshooting von außen, vom Innenhof und vom Rosengarten.

 Danach fuhren wir über Dubi und Jirkov in Richtung Karlsbad (auf Tschechisch Karlovy Vary) bei 28° C. Anschließend erreichten wir das etwas kühlere Erzgebirge. Bei Jachymov verließen wir die E 442, um dann zu unserer Unterkunft nach Abertamy zu gelangen.

 

 

Im Hotel Villa Rosse wurden wir herzlich begrüßt und durften auch gleich unser Abendessen unter 3 Gerichten auswählen: bitte 4 mal Gulasch mit böhmischen Knödeln. Für 3 € Halbpension hat dann jeder eine kleine Bratenplatte voll bekommen und geschmeckt hat´s auch!

Wir hatten uns so an den tschechischen Slibowitz gewöhnt, dass wir an unserem letzten gemeinsamen Abend damit noch mal anstoßen wollten. Leider gab es keinen im Hotel. Deshalb wurde der Koch und Ehemann der Hotelwirtin losgeschickt, um Slibowitz und dunkles Bier zu kaufen. Sicherheitshalber ist die Chefin gleich mitgefahren. Was für ein Service!

 

 

 

 

Nach 288 Tageskilometern und ca. 3 - 4 Runden doppeltem Slibowitz schliefen wir alle gut.

Video Riesengebirge 2011 Teil 4: Tag 5: In der Nähe von Babi besichtigten wir den Stachelberg, eine Festungs- und Bunkeranlage. Von hier ging es weiter nach Adersbach - Weckelsdorf zur Felsenstadt. Bei leichtem Regen ging es zurück nach Spindlermühle. Tag 6: Heute ging es über Desna erst nach Liberec und von dort weiter nach Decin zur kurzen Schloßbesichtigung. Dann fuhren wir Richtung Teplice und über kleine Straßen in das Erzgebirge. Am Keilberg vorbei kamen wir schließlich nach Abertamy. Tag 7: Über Karlsbad (Karlovy Vary) in Richtung Fichtelgebirge überquerten wir bei Schirnding die Grenze nach Deutschland. Wir durchfuhren die Haßberge Richtung Spessart und von dort ging es in die Heimat.

Freitag, 17.06.2011
Die letzte Heimfahrtetappe lag vor uns. Wir fuhren über Karlsbad in Richtung Fichtelgebirge, kamen bei Bamberg vorbei und weiter in Richtung Spessart. Wir genossen die guten Straßen in Deutschland. Ein schnelles Mittagessen bei McDonalds und ein Abschiedskaffetrinken mit Kuchen und Sahne in Laufach. Danach heißt es tschüss sagen, denn kurz danach trennen sich unsere Heimwege. Berthold und ich fahren in Richtung Rodgau, Walter in Richtung Hanau und Markus in Richtung Schwalbach/Ts.

Unsere Tageskilometer erreichten heute 371km, bei unseren beiden Freunden war es bestimmt noch etwas mehr.
Ankunft in Rodgau war 16:00 Uhr.

Lediglich ein paar Nachwehen gab es zu beklagen:

1. In den letzten Tagen war Walter immer ruhiger geworden. Eine herannahende Erkältung machte ihm seit Dienstagabend zu schaffen. Der Regenguss und die völlig durchweichten Klamotten vom Dienstag forderten ihren Tribut.

2. Meine Bremsbeläge waren total abgefahren.

3. Markus wechselte innerhalb von 3 Tagen seine Kette, um für die nächste Tour vorbereitet zu sein

Ansonsten war es ein interessanter Tripp, für den wir aber zu viele Kilometer am Tag oder zu wenig Zeit insgesamt eingeplant hatten.

Mit dem Motorrad in die ländlichen Gebiete einzutauchen, bringt einen Blick hinter die Fassade des wirtschaftlich aufstrebenden Tschechiens.

An Kultur und geschichtlichen Steinzeugen bietet Tschechien wirklich viel. Es ist Wert, sich auch dafür Zeit zu nehmen.

Zum Schnellfahren hingegen empfehlen wir wie immer den Nürburgring.

In diesem Sinne wünsche ich Euch gute Fahrt und allzeit eine Handbreit Asphalt unterm Reifen

Jutta

Zur Fotogalerie Riesengebirge 2011

 

Nach oben

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.